Fast jeder ist davon betroffen oder hat davon gehört:
Immer wieder sind wichtige Arzneimittel kaum zu bekommen. Warum das so ist? Weil die Krankenkassen seit vielen Jahren immer stärker an Arzneimitteln sparen.
Folge: Viele Hersteller haben aufgegeben. Oder haben die Produktion in Billiglohnländer verlagert. Das führt immer wieder zu Lieferengpässen.
Neueste Idee des Bundesgesundheitsministers:
Zukünftig soll es „abgespeckte“ Apotheken geben. Eingespart werden Apothekerinnen und Apotheker. Die sollen nur ein paar Stunden pro Woche persönlich anwesend sein. Ansonsten kann man sie nur über Videoberatung erreichen. Dafür plant der Bundesgesundheitsminister ein „Reformgesetz“.
Das Gesetz hat gravierende Nachteile für Patientinnen und Patienten. Nur zwei Beispiele: Wer Fragen oder Probleme hat, bei denen das Apothekenteam nicht weiterhelfen kann, kann nicht mehr direkt und persönlich mit seiner Apothekerin oder seinem Apotheker sprechen. Und Patientinnen und Patienten, die starke Schmerzmittel brauchen, bekommen diese nicht mehr sofort, sondern nur noch an bestimmten Tagen. Denn diese dürfen eben nur von Apothekerinnen und Apothekern abgegeben werden.
Manche Orte werden Apotheken haben, in denen immer eine Apothekerin oder ein Apotheker anwesend ist. Hier erhalten Patientinnen und Patienten alle Leistungen.
In anderen Orten wird man nur noch „abgespeckte“ Apotheken finden. Die gewohnte Versorgungsqualität wird es dort nicht mehr geben. Das ist keine gerechte Versorgung, sondern Zwei-Klassen-Medizin.
Allein in den letzten drei Jahren haben über 1 000 Apotheken geschlossen. Es geht immer schneller weiter: 2024 wird es über 600 weitere Apotheken treffen.
Manche Menschen denken immer noch, dass es in Deutschland sehr viele Apotheken gibt. Schön wär's. Tatsächlich hat Deutschland gemessen an der Einwohnerzahl jetzt schon weniger Apotheken als die meisten Länder in Europa.
Apotheken sterben vor allem aus wirtschaftlichen Gründen.
Denn ihre Leistungen werden von den Krankenkassen nicht angemessen bezahlt: Seit über 10 Jahren ist das Honorar der Apotheken nicht mehr erhöht worden. Das ist unfair, weil sich die Kosten der Apotheken in dieser Zeit mehr als verdoppelt haben.
Diese Belastung kann auf Dauer kein Betrieb aushalten.
Damit Apotheken auch ohne faire Bezahlung weiterarbeiten können, will der Bundesgesundheitsminister jetzt Apothekerinnen und Apotheker einsparen. Dann können Apotheken billiger arbeiten. Das ist Sparen auf dem Rücken der Patientinnen und Patienten. Eine Mogelpackung also.
Apotheken ohne Apotheker sind weltweit sehr selten und als absolute Ausnahme anzusehen. In aller Regel sind sie nur in sehr schlecht versorgten Regionen in Afrika und Südostasien zugelassen.
Diese Ausnahme soll jetzt auch in Deutschland gelten.
Richtig wäre es, endlich die seit Jahren gestiegenen Kosten der Apotheken zu berücksichtigen. Und die Bezahlung der Apotheken nach mehr als 10 Jahren fair und angemessen zu erhöhen.
Nur dadurch kann das Sterben der Apotheken beendet werden.
Trotzdem wird den Apotheken ein fairer und angemessener Kostenausgleich weiterhin verweigert. Der Bundesgesundheitsminister nimmt damit das weitere Sterben der Apotheken in Kauf.
Sicher haben Sie schon davon gehört:
Apotheken protestieren immer wieder dagegen, dass sich die Versorgung der Menschen weiter verschlechtert.
Denn Apotheken gehören zur öffentlichen Grundversorgung, genauso wie Schulen, Polizei oder Feuerwehr, genauso wie Busse und Bahnen.
Was es bedeutet, wenn die Grundversorgung kaputtgespart wird, erleben wir jeden Tag im Verkehrsbereich. Ein völlig marodes Schienensystem führt dazu, dass Zugausfälle und massive Verspätungen an der Tagesordnung sind. Zu lange wurde auf Verschleiß gefahren.
Jede Bürgerin, jeder Bürger sollte daher genau hinschauen, wenn an der Versorgung gespart wird.
Es sind Ihre Apotheken. Es ist Ihre Versorgung.